Horten, delegieren, substituieren: Komische Bildlogistiken der assembly in „How to with John Wilson“ und „Cunk on Earth“
27 Sep 2024, 09:00 – 27 Sep 2024, 10:30
Institut für Film-, Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Vortrag von Joachim Schätz bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft zu „versammeln“ (Panel: „Filmästhetiken des Ver- und Entsammelns“)
Filme und Serien sind, auch wo sie die Geschlossenheit eines Künstler*innen-Ich oder einer erzählten Welt anbieten, Versammlungen heterogener Materialien: Signaturhafte ästhetische Setzungen treffen auf B-Roll und stock footage, auf zugekaufte, wiederverwertete oder an Second und Third Units delegierte Bilder (und Töne), die zur besseren Einsatzbarkeit hochgradig reglementiert bis generisch sind. Die Filmwissenschaft hat sich ausführlich mit den Poetiken und Politiken der Integration und ‚Vernähung‘ solcher planvoll unauffälliger Elemente befasst, weniger mit ihren medienlogistischen und materialästhetischen Spezifika. Meine Präsentation untersucht die beiden Comedy-Serien „How to with John Wilson“ (2020-2023, HBO) und „Cunk on Earth“ (2022, BBC) als Vorschläge zum aktuellen Status des arbeitsteiligen Bilder-Versammelns. „Cunk on Earth“ stellt im Modus einer Bildungsfernsehen-Parodie generische „Vorratsfotografie“ (Matthias Bruhn) von Shutterstock und Co. in wechselnde ikonologische Reihen (etwa mit Game-Walkthroughs und Sponsored Videos). „How to with John Wilson“, komische Umschreibung des Tutorial-Formats, hortet und ordnet dagegen New Yorker Stadtbeobachtungen zu hyperspezifischen Suchaufträgen. Die Serie wird dabei strukturiert von einer Spannung zwischen den Ich-Berichten des Serienmacher-Protagonisten Wilson und einer Produktionslogistik, die auf dem Delegieren seines höchstpersönlichen Blicks an mehrere Kamerateams aufbaut. Cunk und Wilson, das sind dezidiert immer auch andere (Bilder): Beide Serien konzipieren ihren Zugriff auf Footage vor dem Horizont rezenter Medienökologien und -ökonomien verteilter Bilder – so die zu überprüfende These – entschieden nicht als Erzählung oder Montage, sondern als „assembly“ (Kyle Parry): Das meint ein Versammeln als Auswählen und Arrangieren auf Ausdruckselemente hin, das vor allem bei Wilson in andere assemblies, Menschen-Versammlungen, umschlägt.