Ephemere Filme: Nationalsozialismus in Österreich
Di, 13/03/2012 (Ganztägig)
Diplomatische Akademie, Favoritenstraße 15A, 1040 Wien
Vortrag von Ingo Zechner in der Reihe „Werkstattgespräche“ des Zukunftsfonds der Republik Österreich
Das Österreichische Filmmuseum (ÖFM) und das United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) besitzen einzigartige Sammlungen ‚ephemerer‘ Filme zum Nationalsozialismus in Österreich: Amateurfilme und andere vernachlässigte Filmdokumente, die den Aufstieg der NSDAP ab 1932, den „Anschluss“ Österreichs im März 1938 und die Kriegsjahre dokumentieren. Ein eigener Sammlungsschwerpunkt ist den raren privaten Filmdokumenten jüdischen Alltagslebens vor dem Holocaust gewidmet. Bei den meisten Filmen handelt es sich um Unikate, sie sind zum Teil von akutem Verfall bedroht. Aus konservatorischen Gründen sind sie für die Öffentlichkeit nicht oder nur eingeschränkt zugänglich, auch für Forschungs- und Vermittlungsarbeiten können sie nur mit Einschränkungen genutzt werden.
Das Projekt verfolgt drei unmittelbare und zwei mittelbare Ziele: Die unmittelbaren Ziele sind eine systematische Sicherung, Erschließung und Auswertung dieser Filme. Mittelbare Ziele sind der Einsatz dieser Filme und der Forschungsergebnisse in der Vermittlungsarbeit sowie die Akquisition weiterer Filme.
Nach Abschluss des Projekts sollen rund 50 Filme unterschiedlicher Länge in digitaler und analoger Form für Forschungs- und Bildungszwecke in Wien und Washington D.C. zur Verfügung stehen: konservatorisch gesichert, wissenschaftlich erschlossen und ausgewertet. Dabei strebt das Projekt zugleich die Entwicklung und Erprobung neuer digitaler Technologien an. Eine innovative Webapplikation wird die Filme und die Forschungsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.
Die Filme enthalten eine Fülle von Details und Besonderheiten, die sich erst einem informierten Blick erschließen. Die Webapplikation, die sich die Vorteile des neuen Internetstandards HTML5, des internationalen Metadatenstandards PBCore und von objektorientierten Datenbanken zunutze macht, ermöglicht die Durchsuchbarkeit und die direkte Anbindung von Informationen über Inhalt, Form und Entstehung der einzelne Bilder, von Geodaten, audiovisuellem Vergleichsmaterial und anderen historischen Quellen an die einzelne Sequenz, die einzelne Einstellung oder sogar den einzelnen Kader des Films.
Das audio-visuelle Gedächtnis der NS-Zeit in Österreich ist bis heute maßgeblich von jenen Bildern bestimmt, die von der NS-Propaganda hergestellt wurden. Mit seinen wissenschaftlichen und pädagogischen Zielen versteht sich das Projekt als ein Beitrag zur visuellen Geschichte des Nationalsozialismus – mit dem Potential, diese Geschichte nicht nur zu ergänzen, sondern durch den spezifischen Charakter ‚ephemerer‘ Filme zu korrigieren.
Projektdauer: August 2011 – Juli 2013