Die Kapos von Mauthausen. Wandlungen einer Figur in den Erzählungen Überlebender

Datum

11 Apr 2024, 09:30 – 11 Apr 2024, 11:00

Ort

Universität Graz, RESOWI-Zentrum, Bauteil C, Universitätsstraße 15, 8010 Graz, Raum 1 – HS 15.02

Vortrag von Alexander Prenninger am Panel 1, „Komplexe Zäsuren“: Die Befreiung von Mauthausen-Häftlingen als Paradigma für mikrohistorische Erfahrungen und kollektive Erinnerungen des 15. Österreichischen Zeitgeschichtetages zum Thema „Zeitenwenden – Wendezeiten?“

Die von der SS implementierte „Häftlingsselbstverwaltung“ in den NS-Konzentrationslagern bedeutete, dass einer kleinen Gruppe von Häftlingen Aufgaben zur Überwachung der übrigen Häftlinge übertragen wurden, die dafür bestimmte „Privilegien“ erhielten. Diese „Funktionshäftlinge“ gliederten sich in eine komplexe Hierarchie, die von den Stubendiensten, den Kapos der Arbeitskommandos, Block- und Lagerschreibern bis zu den Lagerältesten reichte. In den Erinnerungen von Überlebenden werden sie alle meist vereinfacht als Kapos bezeichnet und sind aufgrund des oft häufigeren Kontakts im Lageralltag präsenter als die SS-Bewacher.
Der Vortrag geht der Frage nach, ob und wie sich die Figur des Kapos in den Erzählungen Überlebender im Laufe der Zeit geändert hat. Welchen Einfluss hatten erinnerungspolitische Zäsuren wie die „passive Wende“ im Opfergedenken oder der Zusammenbruch der kommunistischen Regime? Welche Rolle spielte die „longue durée“ sozialrassistischer Vorurteile? Anhand eines Vergleichs von frühen mit spät entstandenen Erinnerungen soll gezeigt werden, wie unmittelbar nach 1945 eine „orthodoxe“ Erzählung über „kriminelle“ Kapos als Handlanger der SS entstand, denen die solidarisch agierenden „politischen“ Funktionshäftlinge gegenübergestellt wurden. In den späten, um die Jahrtausendwende entstandenen Erzählungen dominiert dagegen die Schilderung der Kapos als ambivalente Figur.

Programm
a. Österreichischer Zeitgeschichtetag