icon / home icon / small arrow right / light Veranstaltungen icon / small arrow right / light Stepping into the Street: Film im öffentlichen Raum

Stepping into the Street: Film im öffentlichen Raum

Wann

Fr, 01/02/2013 (Ganztägig)

Wo

Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien, Doktor-Ignaz-Seipel-Platz 2, 1010 Wien

Vortrag von Carina Lesky im Rahmen des StipendiatInnenwochenende 2013 organisiert von der Österreichische Akademie der Wissenschaften

Seit den Anfängen des Films besteht ein enger Bezug des Mediums zum Städtischen. Entstanden inmitten des sensorischen Chaos der modernen Großstädte, spiegelt Film nicht nur strukturelle und formale Eigenschaften seines urbanen Entstehungskontextes wider, sondern teilt insbesondere dessen Wahrnehmungdisposition. Bewegt, fragmentierend und unberechenbar, entsprach das filmische Dispositiv den Wahrnehmungsanforderungen der sinnüberflutenden Großstadt. Als Kind der Großstadt absorbierte der Filmapparat seit seinen Anfängen die Bewegung der Massen, den Verkehr, sowie die Atmosphäre des urbanen Lebensraums. So lässt sich auch von Beginn an ein Einfluss von Film auf die Stadt nachweisen.
In ihrem Artikel „Animating the Everyday: London on Camera 1900“ beschreibt Lynda Nead, wie die Wahrnehmung des öffentlichen Raums durch das Auftauchen von Handkameras beeinflusst und verändert wurde. Die Präsenz der Kameras in der Stadt – anfangs waren es Fotokameras, später verschärfte Film die Thematik – sowie das Interesse der Fotografierenden und Filmenden am Alltäglichen lösten heftige Diskussionen über den öffentlichen Raum aus. Plötzlich fühlte man sich auf der Straße beobachtet und dem Risiko ausgesetzt, fotografiert bzw. gefilmt zu werden (Nead 68).
Auch Walter Benjamin gestand dem jungen Medium das Potential zu, die Semantik von Stadt zu verändern und sie so von festgefahrenen Strukturen zu befreien. In „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ schreibt er:
„Unsere Kneipen und Großstadtstraßen, unsere Büros und möblierten Zimmer, unsere Bahnhöfe und Fabriken schienen uns hoffnungslos einzuschließen. Da kam der Film und hat diese Kerkerwelt mit dem Dynamit der Zehntelsekunden gesprengt, so daß wir nun zwischen ihren weitverstreuten Trümmern gelassen abenteuerliche Reisen unternehmen“ (Benjamin 499).
Die Rolle von Film in seinem Bezug zum Städtischen geht also über repräsentative Funktionen hinaus. Film hat das Potential, die Stadt und die Art, wie sie wahrgenommen wird, aktiv zu beeinflussen. Aktuell tritt das Medium auf sehr konkrete Weise in den urbanen Kontext ein: In Form von Fassadenprojektionen und filmischen Installationen verbindet sich das Filmische mit der städtischen Architektur und verändert so die Struktur der Stadt mit ihrem subjektiven Erleben. Gleichzeitig entdeckt die raumplanerische Praxis das Medium zunehmend als Mapping-Tool, sowie zur Analyse komplexer Zusammenhänge im urbanen Raum.
Basierend auf solchen Beobachtungen und Enwicklungen an der Schnittstelle von Architektur, Raumplanung, Film- und Kulturwissenschaft, beschäftigt sich dieser Vortrag mit Film und dessen Bedeutung im öffentlichen Raum. Im Mittelpunkt steht dabei – neben der Art und Weise, wie Film das Phänomen Stadt, sowie den öffentlichen Raum reflektiert und verarbeitet – besonders dessen Potential, die Semantik der Stadt zu verändern. Es ergibt sich die Frage: Wie kann Film in die raumplanerische Praxis integriert werden und den öffentlichen Raum bereichern?

Referenzwerke:
Benjamin Walter, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: Tiedermann Rolf, Schweppenhäuser Hermann (Hrsg.), Gesammelte Schriften Bd. I, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1991, S. 471-508.
Nead Lynda, Animating the Everyday: London on Camera c. 1900, Journal of British Sudies, 43, no. 1 (January 2004), S. 65-90.

Veranstalter: Österreichische Akademie der Wissenschaften
Sponsor (Projekt): ÖAW Doc-Team