Red Vienna Sourcebook
Projektförderung: Stadt Wien MA 7
Projektdauer: 2017–2020
Projektleitung: Ingo Zechner (LBIDH), Georg Spitaler und Michaela Maier (VGA)
ProjektmitarbeiterInnen (Editors): Erik Born (Cornell University), Nicole Burgoyne (University of Chicago), Veronika Duma (Universität Wien), Wolfgang Fichna (Vancouver/Wien), Kristin Kopp (University of Missouri), Aleksandra Kudryashova (Harvard University), Tres Lambert (Gettysburg College), Rob McFarland (Brigham Young University), Birgit Nemec (Universität Heidelberg), Vrääth Öhner (LBIDH), Katrin Pilz (LBIDH), Alicia Roy (UC Berkeley), Joachim Schätz (LBIDH), Werner Michael Schwarz (Wien Museum), Cara Tovey (UC Berkeley), Gabriel Trop (UNC Chapel Hill), Georg Vasold (FU Berlin), Gernot Waldner (Harvard University), Azadeh Yamini-Hamedani (Simon Fraser University), Marie-Noëlle Yazdanpanah (LBIDH)
Support: Jacob Benfell (Brigham Young University), Christopher Taylor (Brigham Young University)
Projektpartner: Ludwig Boltzmann Institute for Digital History (LBIDH) (bis Februar 2019: Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Gesellschaft, LBIGG), Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung (VGA), Internationales Forschungsnetzwerk BTWH (Berkeley/Tübingen/Wien/Harvard)
Seit dem von Anton Kaes, Martin Jay und Edward Dimendberg herausgegebenen „The Weimar Republic Sourcebook“ sind die Weimar Studies fest etabliert, seit Carl E. Schorskes Buch „Wien. Geist und Gesellschaft im Fin de Siècle“ ist das Wien der Jahrhundertwende ein Brennpunkt internationaler Forschung. Die Wiener Moderne wird mit der von Schorske beschriebenen Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert assoziiert, das Neue Wien der 1920er- und frühen 1930er-Jahre steht zu Unrecht bis heute in ihrem Schatten und hat es auch schwer, sich gegen die kulturhistorische Anziehung der Weimarer Republik zu behaupten. Ziel dieses internationalen Forschungs- und Editionsprojektes war es, das zu ändern.
Die Beschäftigung mit der Zweiten Wiener Moderne stieß auf mehrere praktische Hürden: Die Primärtexte, auf die sich die bisherige Forschung bezog, wurden weit verstreut publiziert und sind vielfach vergriffen. Von den meisten deutschsprachigen Schlüsseltexten gab es keine Übersetzungen. Die Einordnung der Texte erwies sich als schwierig, weil Informationen zu ihrem Kontext weitgehend fehlten. Ziel des Projekt war es, alle drei Hürden zu beseitigen und durch seine Zweisprachigkeit (Deutsch/Englisch) sowie die Mitarbeit renommierter WissenschafterInnen US-amerikanischer Universitäten wie Berkeley, Harvard und Chapel Hill wie auch anderer englisch- und deutschsprachiger Universitäten die Grundlage für weitere internationale Forschungsarbeiten zu schaffen.
Als Kampfbegriff von seinen politischen Gegnern geprägt, als Selbstbezeichnung übernommen und nachträglich zum Mythos geworden, wird das Rote Wien hier als alternativer Epochenbegriff verstanden, der über das politische Projekt der sozialdemokratischen Stadtverwaltung weit hinausgeht. Entgegen der Vorstellung linearer Zwangsläufigkeit, die von einem Krieg in den nächsten führte, geht es darum, das Rote Wien als einen Möglichkeitsraum begreifen: Was erzählen uns die Versprechen der Vergangenheit über historische Möglichkeiten, politische Kämpfe, Kontinuitäten und Brüche sowie über (nicht) erfüllte emanzipatorische Hoffnungen?
In einer Kooperation des Ludwig Boltzmann Institute for Digital History (LBIDH) (bis Februar 2019: Ludwig Boltzmann Instituts für Geschichte und Gesellschaft, LBIGG) mit dem Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung (VGA) und dem internationalen Forschungsnetzwerk BTWH (Berkeley-Tübingen-Wien-Harvard) leistete eine Gruppe von rund 25 internationalen WissenschafterInnen, die eine breite interdisziplinäre Expertise mitbringen, Grundlagenforschung zu insgesamt 36 Themen, die für zentrale Aspekte der kulturellen, politischen und sozialen Debatten des Roten Wien stehen. Die Forschungsergebnisse wurden auf internationalen Konferenzen präsentiert.
Endprodukt ist das „Red Vienna Sourcebook“, das als Einführungsbuch und Standardwerk für den Lehr- und Forschungsbetrieb an internationalen Universitäten dient, aber ebenso für eine interessierte Öffentlichkeit im In- und Ausland nutzbar ist. Das Buch ist in einer englisch- und einer deutschsprachigen Version erscheinen. Auf je rund 800 Seiten sind Schlüsseltexte enthalten, die zwischen 1919 und 1934 entstanden sind und in thematischem Zusammenhang mit dem Roten Wien stehen. Die Texte wurden auf drei Ebenen wissenschaftlich kommentiert: Jedes Kapitel beginnt mit einer Einleitung, in der das Thema des Kapitels vorgestellt, die wichtigsten Fragen angerissen und die Leitlinien der Textauswahl erläutert werden. Auf jeden Text folgt ein Kurzkommentar mit philologischen Erläuterungen zur Herkunft, Kürzung und zeitgenössischen Rezeption des Textes, ggf. Hinweise auf weiterführende Texte. Unerlässliche Zusatzinformationen zum Verständnis der einzelnen Texte (Namen von Personen, Organisationen etc.) sind in Fußnoten ergänzt.